Projektgruppe „Demenzfreundliche Kommune Denkendorf“
Wenn ein geliebter Mensch an Demenz erkrankt, verändert sich nicht nur sein eigenes Leben grundlegend – auch das Leben der Partnerin oder des Partners wird von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt. Die Diagnose ist oft ein Schock, der viele Fragen, Sorgen und Ängste aufwirft. Was passiert mit unserer Beziehung? Wie gehe ich mit dem Vergessen um? Wie bleibe ich als Partnerin oder Partner stark?
„Damit die Liebe bleibt“ – ein Thema, das viele Pflegende bewegt
Mit den Herausforderungen für Paare, die von Pflegebedürftigkeit und Demenz betroffen sind, beschäftigten sich zwölf Teilnehmerinnen bei einem Informationsnachmittag am 18. Juni, den die Projektgruppe „Demenzfreundliche Kommune Denkendorf“ im Rahmen ihrer jährlichen Veranstaltungsreihe organisiert hatte. Das Thema hatten sich die Teilnehmerinnen der monatlichen Gesprächsgruppe für pflegende Angehörige gewünscht und weitere Interessierte hierzu eingeladen.
Als Referentin war Ulla Reyle zu Gast - Gerontologin, Supervisorin und geistliche Begleiterin aus Tübingen. Sie freute sich, wieder einmal in Denkendorf zu sein, wo sie von 2003 bis 2010 an der damaligen Bildungsstätte im Kloster tätig war.
Einfühlsame Worte zu Verlusterfahrungen und Trauer
Mit viel Einfühlungsvermögen schilderte Ulla Reyle die innere Not der Erkrankten und sprach über die stille Trauer der Angehörigen. „Der Mensch mit Demenz merkt als erstes, dass etwas im Kopf nicht stimmt. Was ihm Sicherheit und Autonomie gab, bricht weg – eine Katastrophe.“ Scham, Angst, Verzweiflung und mitunter sogar Aggression können die Folge sein. Oft versuchen die Betroffenen lange, ihre Defizite zu verbergen – ein einsamer und kräftezehrender Kampf.
Auch für die pflegenden Partnerinnen und Partner ist die Situation eine enorme emotionale Belastung. Sie verlieren den vertrauten Menschen an ihrer Seite – nicht körperlich, aber als Gegenüber auf Augenhöhe. Diese besondere Form der „weißen“ Trauer koste viel Kraft in einer Zeit, die hierfür keinen Raum bietet. „Demenz in der häuslichen Pflege ist eine der größten Herausforderungen des Lebens.“ mit dieser gerontologischen Erkenntnis sprach Ulla Reyle den Anwesenden aus dem Herzen.
Strategien für den Alltag
Ulla Reyle machte Mut – und zeigte konkrete Wege auf, mit dieser Lebenssituation besser umzugehen:
- Klarheit durch eine Diagnose: Eine fachärztliche Abklärung ist wichtig. Sie schafft Sicherheit und hilft, das veränderte Verhalten einzuordnen – nicht als böse Absicht, sondern als Folge der Erkrankung.
- Rollenwechsel akzeptieren – und fürsorglich Grenzen setzen: Die Partnerin, der Partner wird zur Pflegenden, zur Aufsichtsperson oder zur „Mutter“ – Rollen, die bewusst angenommen werden müssen, um Konflikte zu verringern und das liebevolle Miteinander zu erhalten.
- Pflege auf mehrere Schultern verteilen: Frühzeitige Unterstützung entlastet die Beziehung – und schützt die eigene Gesundheit. Auszeiten, in denen Kraft geschöpft wird sind unverzichtbar und kommen letztendlich beiden Partnern zu Gute.
- Vertrautes bewahren – gemeinsame Glücksmomente erleben: Alte Rituale, Fotos, Musik oder vertraute Aktivitäten helfen, emotionale Nähe zu bewahren. Auch wenn vieles verloren geht – die Gefühle bleiben erhalten.
Maria Sommer lud abschließend dazu ein, die örtlichen Angebote wie die Betreuungsgruppe „Café Begegnung zur guten Stunde“, die Johanniter-Tagespflege oder den Ev. Krankenpflegeverein zu nutzen und sich vom Pflegestützpunkt und dem Sozialpsychiatrischen Dienst für alte Menschen (SOFA) über weitere Hilfen beraten zu lassen. Auch die Gesprächsgruppe für pflegende Angehörige, die sich an jedem dritten Mittwoch im Monat trifft, nimmt neue Mitglieder jederzeit herzlich auf.
Weitere Informationen zu den Angeboten erhalten Sie bei: Koordinierungsstelle Älterwerden, Tel. Telefonnummer: 0711 341680-39, Mail